All School Charrette
Alle Lehrenden des fatuk
Kuratiert von ATG
23. bis 27. Oktober 2023
Gestalt geben durch das Nachdenken über das Machen1
Alison und Peter Smithson prägten – wenngleich sie eine Zeit lang in Vergessenheit geraten zu sein schienen –durch Werk und Diskurs neue Positionen in der Architektur des 20. Jahrhunderts. Sie lernten sich während des Studiums in Newcastle an der University of Durham kennen. Bereits 1950, im Jahr der Gründung ihres gemeinsamen Architekturbüros in London, gewannen sie den Wettbewerb für die Hunstanton Secondary School. Das Projekt, als eine enthusiastische Geste der Anerkennung Mies van der Rohe gewidmet, setzte Material, Konstruktion, Struktur und Gebrauch in radikaler Direktheit und Einfachheit in Beziehung zueinander und wurde dadurch zum Manifest für eine ganze Generation. Es folgten in den Sechziger- und Siebzigerjahren große Bauprojekte wie The Economist Building und Robin Hood Gardens in London oder Garden Building, St. Hilda‘s College, Oxford und u. a. die späteren Bauten für die Universität in Bath.
Die Haltung und das Selbstverständnis der Smithsons beruhten auf der Idee von aufeinander folgenden und voneinander lernenden Generationen. In ihren Augen ahmten die jüngeren Generationen nicht einfach die älteren nach. Sie rezipierten deren Ideen und Theorien, transformierten diese zu neuen Ansätzen und sorgten dadurch für eine reflexive Kontinuität des modernen Denkens in der Architektur: „Unsere eigene Ausrichtung an der Bewegung der Moderne war genauso unmittelbar, aber nicht durch direkten Kontakt. Sie geschah durch Bücher […]. Die Alten beeinflussten die Jungen, die Jungen die Alten, quer durch die drei Generationen, die zur selben Zeit am Werk sind.“2 Aus dieser Position heraus engagierten sie sich in kritischen Diskursen zum modernen Weg der Architektur und entfachten als Gründungsmitglieder des Team X in den Fünfzigerjahren die Architekturdebatte, die letztlich zur Auflösung des CIAM führte. Parallel dazu veröffentlichten die Smithsons architekturtheoretische Aufsätze und unterrichteten an der Architectural Association in London, an den Universitäten in Bath und Harvard und am ILA+UD-Institut.
Den Arbeiten von Alison und Peter Smithson wohnt ein hohes Maß an Reflexion und Widerspruch inne. Das gilt gleichermaßen für das geschriebene wie das gebaute Werk. Zeit ihres Lebens betrachteten Sie Schreiben und Bauen als Verbündete: Das Schreiben diente dem Bauen als Inspiration und Begründung; das Bauen dem Schreiben als Konkretisierung und Überprüfung. Alison und Peter Smithson wagten so zweierlei: Sie suchten und schöpften Worte, um aus diesen Worten Denkformen des Räumlichen und des Städtischen zu entwickeln. In ihren sorgfältig kuratierten Publikationen verwendeten die Smithsons eigenwillige Sprach- und Denkmodelle und disparate Ordnungssysteme, um ihre Bauten und ihre Reflexionen zu einem komplexen Geflecht zu verweben. Wir sehen uns mit einem intellektuellen Kosmos konfrontiert, der aus Denkfiguren wie Conglomerate Ordering, Layers and Layering, The Space Between, Outside Inside, oder Graphics of Movement besteht.
- Alison und Peter Smithson: Italienische Gedanken. Beobachtungen und Reflexionen zur Archi-tektur, hg von Hermann Koch und Karl Unglaub, Braunschweig; Wiesbaden, Vieweg 1996S. 22. ↩︎
- Alison und Peter Smithson: Italienische Gedanken. Beobachtungen und Reflexionen zur Archi-tektur, hg von Hermann Koch und Karl Unglaub, Braunschweig; Wiesbaden, Vieweg 1996, S. 18. ↩︎












